Lieber Thomas Müller
Dein Sommerinterview, das kürzlich im Tagblatt erschienen ist, bedarf einer Entgegnung.
Seit elf Jahren bin ich in Rorschach Schulratspräsident. Politisch stehen wir weit auseinander. Dennoch funktioniert die Zusammenarbeit für unsere Stadt. Unsere Schule als gewichtiger Standortfaktor für hier lebende Familien und Neuzuziehende steht sehr gut da. Miteinander haben wir im „Projet urbain“ die Lebensqualität von vielen verbessert. Dein Interview mit der Überschrift „Der Islam hat hier nichts verloren“ veranlasst mich zu diesem Brief.
Du behauptest unablässig, ohne dich hätte sich in Rorschach nichts bewegt. 2007 sind weltweit die Banken wegen unseriöser Geschäftspraktiken in Turbulenzen geraten und haben alle Volkswirtschaften bis heute in Not gebracht. Der Bürger zahlt seither die Zeche, indem seine Spar- und Pensionskassenguthaben nicht mehr verzinst werden. Der Immobilienmarkt wurde schweizweit auf der Ersatzsuche nach Investitionsmöglichkeiten mit Milliarden geflutet, so auch Rorschach. Das ist der Grund, warum im ganzen Mittelland diese Unsummen verbaut wurden. Erinnere dich an die Stürm-Preisverleihung, als Dr. h.c. Reinhold Würth für seine Investitionen geehrt wurde. Du standest nicht auf dem Podium. Dank der Wirtschaftsförderung des Kantons wurde diese Ansiedlung möglich. Du und viele andere haben nach besten Kräften mitgewirkt.
Du beleidigst unablässig Menschen. Erst war es Peer Steinbrück, mal sind es Sozialhilfebezüger, Richter, Sozialarbeiter, Journalisten oder Einsprecher, oft sind es Migranten. Alles was deiner Weltanschauung nicht entspricht, wird verunglimpft. Warum nur? Zusammen mit deiner gewechselten Partei brichst du Tabus. Deine neueste Wortschöpfung ist „gesunde Rassisten“. Was unterscheidet gesunde Rassisten von kranken Rassisten? Mit solch menschenverachtenden Äusserungen richtest du Schaden an. Du trägst die Verantwortung für unsere Stadt mit mehr als 9‘000 Einwohnern. Sehr viele davon werden von dir pauschal wegen ihrer Herkunft oder wegen ihrer Religion gedehmütigt. Das hat Rorschach nicht verdient.
Guido Etterlin, Schulratspräsident und Stadtrat, Rorschach